Jahressteuergesetz 2024 auf der Zielgeraden

Das Gesetzgebungsverfahren eines Jahressteuergesetzes 2024 ist mittlerweile auf der Zielgeraden. Der Bundestag hat dem – vom Finanzausschuss noch wesentlich geänderten – Entwurf am 18.10.2024 zugestimmt, nun muss auch noch der Bundesrat seine Zustimmung erteilen. Dies könnte schon in der Sitzung am 22.11.2024 erfolgen, zumindest steht die Abstimmung über den Gesetzentwurf hier auf der Tagesordnung.

Nachfolgend ein erster kurzer Überblick über für die Praxis wesentliche Änderungen, die mit dem Gesetz ins Haus stehen.

Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen

Die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 15 kW (peak) soll auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden. Durch die Änderung soll weiter klargestellt werden, dass auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten, aber ohne Wohneinheiten, Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind.

Beachten Sie: Es handelt sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. D. h. wird die zulässige Bruttoleistung überschritten, gilt aktuell und auch in Zukunft: Die Steuerbefreiung gilt nicht – die Einnahmen aus der Photovoltaikanlage sind voll steuerpflichtig, soweit keine sog. „Liebhaberei“ vorliegt (mit der Photovoltaikanlage werden langfristig gar keine Überschüsse erwirtschaftet, siehe unsere Mandanteninformation vom Mai 2024).

Die Neuregelung soll erst für Anlagen gelten, die ab dem Jahr 2025 angeschafft bzw. in Betrieb genommen werden – für Bestandsanlagen bliebe es daher bei der Steuerpflicht.

Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

Eine gesetzliche Neuregelung soll zukünftig die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ohne Aufdeckung stiller Reserven ermöglichen.

Hinweis: Der Gesetzgeber setzt damit den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts um, welcher die alte Auffassung der Finanzämter, dass solche Übertragungen immer zu einer faktischen steuerpflichtigen Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter führen würde, im vergangenen Jahr verworfen hat. Damit ist nun der Weg frei, bspw. Immobilienvermögen gezielt steuerneutral aus der Haftungsmasse einer operativ tätigen Personengesellschaft „auszulagern“. Der Gesetzentwurf sieht hierbei ausdrücklich vor, dass die Beteiligung eines sog. 0 %-Gesellschafters unschädlich ist. Für die Praxis heißt dies: Sowohl das abgebende als auch das übernehmende Unternehmen kann unproblematisch in der Rechtsform der beliebten GmbH & Co. KG firmieren.

Anpassung bei den Kinderbetreuungskosten

Nach der aktuellen Regelung können zwei Drittel der Aufwendungen für Kinderbetreuung, höchstens 4.000 EUR je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Dabei sind Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen nicht abziehbar.

Nunmehr soll die Begrenzung von zwei Drittel der Aufwendungen auf 80 Prozent der Aufwendungen und der Höchstbetrag der als Sonderausgaben abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten von 4 000 EUR je Kind auf 4 800 EUR je Kind erhöht werden. Die Neuregelung soll ab dem Jahr 2025 gelten.

Sonderausgabenabzug bei Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen

Vom Ausschluss des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben bei Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen soll eine Ausnahme gemacht werden, soweit die Vorsorgeaufwendungen mit in der EU, im EWR oder in der Schweiz erzielten Einnahmen „aus nichtselbstständiger Tätigkeit“ im Zusammenhang stehen, diese Einnahmen nach einem DBA im Inland steuerfrei sind und der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen zulässt.

Hinweis: Die Ausnahmeregelung soll über Arbeitnehmereinkünfte hinaus (z. B. auch auf Renteneinkünfte oder Einnahmen aus einer freiberuflichen Tätigkeit) und in allen offenen Fällen Anwendung finden.

Bonusleistungen der Krankenkassen

Auf der Grundlage von § 65a SGB V erbrachte Bonusleistungen von Krankenkassen sollen zukünftig bis zu einer Höhe von 150 EUR pro versicherte Person und Beitragsjahr nicht als Beitragserstattung gelten. Diese Summe übersteigende Bonusleistungen sollen zukünftig dagegen stets als Beitragserstattung gelten.

Hinweis: Die diese Summe übersteigende Bonusleistungen sollen zukünftig dagegen stets als Beitragserstattung gelten, es sei denn der Steuerpflichtige kann nachweisen, dass diese Beträge nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren sind.

Steuervergünstigung bei Vermögensbeteiligungen von Arbeitnehmern

Zukünftig soll die aufgeschobene Besteuerung für geldwerte Vorteile aus Vermögensbeteiligungen nicht nur dann greifen, wenn Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers überlassen werden, sondern auch, wenn es sich um Anteile an verbundenen Unternehmen handelt.

Hinweis: Der Anteil an einem Konzernunternehmen soll jedoch nur dann steuerbegünstigt übertragen werden können, wenn bestimmte Schwellenwerte in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines Konzernunternehmens mehr als 20 Jahre zurückliegt. Die Regelung soll bereits rückwirkend ab dem Jahr 2024 gelten.

Verlustverrechnung von Termingeschäften

Nach aktuellem Recht können Verluste aus Termingeschäften und Forderungsausfällen nur bis zu einer Höhe von 20.000 EUR mit entsprechenden Gewinnen aus entsprechenden Kapitalanlagen verrechnet werden. Die Frage, ob diese Einschränkung der Verlustverrechnung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, liegt aktuell dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Im Vorgriff auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lenkt der Gesetzgeber nun ein und streicht die Regelung einfach vollständig aus dem Gesetz.

Hinweis: Bestehende Verlustvorträge aus Termingeschäften und Forderungsausfällen sollen damit in allen offenen Fällen uneingeschränkt mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar sein. D. h. bestehende Verlustvorträge aus Termingeschäften und Forderungsausfällen stehen ab sofort für eine Verlustverrechnung mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen zur Verfügung. Für den Kapitalertragsteuerabzug wird es nicht beanstandet, wenn eine IT-technische Umsetzung auf Ebene der Kreditinstitute erst ab dem 1. Januar 2026 erfolgt.

Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen

Ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen bei Zahlung von Geldzuwendungen wird künftig nur durch Banküberweisung anerkannt. Bislang werden auch andere Zahlungswege zugelassen (z. B. Mitnahme von Bargeld bei Familienheimfahrten).

Hinweis: Nachweiserleichterungen können nach allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen bei Vorliegen besonderer Verhältnisse (etwa im Falle eines Krieges) im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person aufgrund einer darauf beruhenden Verwaltungsregelung gewährt werden.

Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

Sie kennen es: Voraussetzung des Abzugs von Handwerkerleistungen (siehe auch unsere Urteilsbesprechung unten) im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ist u.a., dass die Rechnung „unbar“ durch Überweisung auf das Konto des Leistungserbringers beglichen wird.

Das Gesetz soll nun dahingehend konkretisiert werden, dass dieser Grundsatz auch für die Geltendmachung von Pflege- und Betreuungsleistungen gilt. Der Bundesfinanzhof hatte hier angemahnt, dass dies aus dem aktuellen Wortlaut der Regelung nicht zweifelsfrei hervorgehe. Mit der Änderung sorgt der Gesetzgeber nun für Klarheit.

Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren

Das Gesetz sieht eine Neuregelung vor, wonach der anteilige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei dauerndem Getrenntleben der Ehegatten/Lebenspartner ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden kann.

Erhöhung des Erbfallkostenpauschbetrags

Der Pauschbetrag soll für alle Erwerbe ab dem kommenden Jahr von 10.300 EUR auf 15.000 EUR erhöht werden.

Gewerbesteuerliche Grundstückskürzung

Die sog. einfache Gewerbesteuerkürzung sieht aktuell noch einen Verweis auf die alten Einheitswerte des Grundbesitzes an. Ab dem Jahr 2025 war hier ursprünglich eine komplizierte Berechnung auf Grundlage der neu festgestellten Grundbesitzwerte angedacht. Dies hätte je nach Bundesland aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsmethoden zu teilweise erheblichen Mehrbelastungen für Unternehmen geführt. Nun hat der Gesetzgeber eine pragmatische Lösung gefunden: Ab 2025 knüpft die gewerbesteuerliche Kürzung nicht (wie bisher) an den Grundsteuerwert, sondern an die tatsächlich im Erhebungszeitraum als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer für den zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitz an.

Änderungen bei der Grunderwerbsteuer

Nachdem in den letzten Jahren das Grunderwerbsteuergesetz immer weiter verkompliziert wurde, rudert nun der Gesetzgeber (zumindest ein klein wenig) zurück: Durch eine gesetzliche Neuregelung wird die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft definiert. Ein Grundstück gehört hiernach zum Vermögen der Gesellschaft, die zuletzt einen Grundtatbestand eines Erwerbs im Rechtsverkehr (in der Regel in der Form des Kaufs) verwirklicht hat. Diese vermeintliche „Normalität“ ist im aktuellen Recht keine Selbstverständlichkeit! So ist es bspw. möglich, dass ein und dasselbe Grundstück sowohl einer Gesellschaft (bspw. GmbH) zugerechnet wird und gleichzeitig (!) auch einem beherrschenden Gesellschafter. Es liegt auf der Hand, dass dies eine für steuerliche Zwecke gefährliche Gemengelage darstellt, die der Gesetzgeber nun etwas entschärfen möchte.

Hinweis: Nach wie vor gilt jedoch, dass Veränderungen im Gesellschafterbestand immobilienbesitzender Gesellschaften einer sorgfältigen Prüfung im Vorfeld bedürfen, um hier keine bösen Überraschungen zu erleben.

Änderungen bei der Umsatzsteuer

Der Gesetzentwurf sieht eine Vielzahl von Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer vor. Anbei einige wichtige Kurzhinweise:

  • Aus der Leistungserbringung eines sog. „Ist-Versteuerers“ soll ab dem kommenden Jahr der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung eröffnet sein. Entsprechende Unternehmen haben daher zwingend auf Ihren steuerlichen Status der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (= Ist-Versteuerer) hinzuweisen.
  • Die Regelungen zu sog. Kleinunternehmern werden umfangreich angepasst! Wesentliche Neuregelung ist hierbei sicherlich die Anhebung der entsprechenden Umsatzgrenzen von 22.000 EUR auf 25.000 EUR für Umsätze des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und von 50.000 EUR auf 100.000 EUR im laufenden Wirtschaftsjahr.
  • Hinweis: Nimmt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf, ist für den Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr der Betrag von 25.000 EUR maßgeblich. Wird dieser überschritten, unterliegt bereits der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, der Regelbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze bleiben jedoch steuerfrei.
  • Eine weitere Absenkung der Vorsteuerpauschale für Landwirte soll nicht erfolgen, es bleibt daher bei dem Pauschalsatz von 8,4 %.
  • Die Möglichkeit der Differenzbesteuerung soll zukünftig auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten nicht angewendet werden können, wenn der Eingangsumsatz des Wiederverkäufers einem ermäßigten Steuersatz unterlegen hat.

Ausblick

Neben dem Jahressteuergesetz 2024 steht mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (siehe in meinem Mandanteninfobrief vom September 2024) ein weiteres Gesetzgebungsverfahren in der Abstimmung. Es erwarten uns daher umfassende und wichtige steuerliche Änderungen, welche teilweise auch schon auf das Jahr 2024 rückwirkende Anwendung finden werden. Gerne halte ich Sie in unserem Mandanteninfobrief zum Jahresende auf dem Laufenden!