In der jüngeren Vergangenheit haben wir Sie mehrfach über die aktuelle Rechtsentwicklung bei dem Streitthema „Arbeitszimmer“ informiert. Nun hat die Finanzverwaltung auf diese aktuelle Rechtsprechung reagiert und ihren entsprechenden Anwendungserlass umfassend überarbeitet. Dabei erkennt die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH vollständig an.
Nachfolgend fassen wir für Sie die wesentlichen Aussagen des neuen Verwaltungserlasses zusammen:
Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit
Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden.
Beachten Sie: Das häusliche Arbeitszimmer und eine Tätigkeit im Außendienst können nicht gleichermaßen „Mittelpunkt“ der beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen sein! Anders jedoch bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist.
Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen; vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen.
Bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung und steht für diese kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (siehe hierzu unten), sind Aufwendungen bis 1.250 € je Wirtschafts- oder Kalenderjahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.
Dabei stellen die 1.250 € keinen Pauschbetrag dar, sondern einen personenbezogenen Höchstbetrag. Er kann nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden, sondern muss gegebenenfalls auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufgeteilt werden. Bei der Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten wird der Höchstbetrag nur einmal gewährt.
Was ist ein häusliches Arbeitszimmer
Die Finanzverwaltung definiert ein häusliches Arbeitszimmer wie folgt:
Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen oder beruflichen Zwecken genutzt wird.
Beachten Sie: Dies betrifft nicht nur die Wohnräume, sondern ebenso Zubehörräume. So kann auch ein Raum z.B. im Keller oder unter dem Dach (Mansarde) des Wohnhauses, in dem der Steuerpflichtige seine Wohnung hat, ein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind. Die sog. „Arbeitsecke“ also ein in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der mit einem nicht unerheblichen Teil seiner Fläche auch privat genutzt wird erfüllt die Voraussetzungen jedoch nicht.
Daneben kann es sich bei einem im Keller oder Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses befindlichen Raum, der nicht zur Privatwohnung des Steuerpflichtigen gehört, sondern zusätzlich angemietet wurde, um ein außerhäusliches Arbeitszimmer handeln. Nicht erfasst werden Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z.B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume).
Anzusetzende Aufwendungen
Zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören insbesondere Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers, etwa Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen sowie die anteiligen Aufwendungen für Miete, Abschreibungen etc. Letztere sind nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zur Wohnfläche der Wohnung (einschließlich des Arbeitszimmers) zu ermitteln.
Beachten Sie: Nicht erfasst werden Aufwendungen für Arbeitsmittel, diese sind gesondert und grundsätzlich vollständig abzugsfähig. In jedem Fall erforderlich ist die konkrete Aufzeichnung der Aufwendungen. Auch Luxusgegenstände wie z.B. Kunstgegenstände, die vorrangig der Ausschmückung des Arbeitszimmers dienen, gehören nicht zu den abziehbaren Aufwendungen für ein Arbeitszimmer.
Kein anderweitiger Arbeitsplatz
Ein anderer Arbeitsplatz ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt, unbeachtlich sind grundsätzlich die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände wie beispielsweise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr. Auch ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro oder in der Schalterhalle einer Bank ist daher ein anderer Arbeitsplatz.
Beachten Sie: Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann zur Verfügung, wenn er außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z. B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist.
Ob ein solcher anderer Arbeitsplatz vorliegt, ist jeweils im Einzelfall nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Er steht jedenfalls dann zur Verfügung, wenn der Steuerpflichtige diesen Raum in dem konkret erforderlichen Umfang sowie in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.
Aber, übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist daher für jede Tätigkeit zu prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Beispiel:
Ein EDV-Berater übt außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus Bereitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber tatsächlich nicht nutzen. Hier liegt zwar nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, da jedoch für die Bereitschaftsdienste kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann der Steuerpflichtige die Aufwendungen bis zur Höhe von 1.250 € abziehen.
Beachten Sie: In den Fällen, in denen der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen.
Beispiel:
Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2.500 € entstanden. Diese sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbständige Tätigkeit entfallen 40 % von 2.500 € = 1.000 €, die nicht abgezogen werden können. Auf die Nebentätigkeit entfallen 60 % von 2.500 € = 1.500 €, die bis zu 1.250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Nutzung durch mehrere Steuerpflichtige
Jeder Nutzende kann die Aufwendungen, die er getragen hat, entweder unbegrenzt, bis zum Höchstbetrag von 1.250 € oder gar nicht abziehen. Nutzen mehrere Personen, wie z. B. Ehegatten, ein Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Voraussetzungen des Abzugs der Aufwendungen daher für jede Person zu prüfen.
Beispiel:
A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 % (zeitlicher Nutzungsanteil). Die Gesamtaufwendungen betragen 4.000 € und werden entsprechend dem Nutzungsanteil getragen. Für A bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung; A kann 2.000 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, er kann daher 1.250 € als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.
Nicht ganzjährige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers
Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Wirtschafts- oder Kalenderjahres, können nur die auf den Zeitraum, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden. Für den übrigen Zeitraum kommt ein beschränkter Abzug nur in Betracht, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Beachten Sie: Der Höchstbetrag von 1.250 € ist aber in diesen Fällen auch bei nicht ganzjähriger Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.