Ehe für alle bringt möglicherweise Steuersegen für gleichgeschlechtliche Paare

Ein jüngst veröffentlichtes Urteil des Finanzgerichts Hamburg weckt bei vielen gleichgeschlechtlichen Paaren berechtigte Hoffnungen auf Steuererstattungen. Voraussetzung ist jedoch, dass das Paar bisher in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat und diese nun zivilrechtlich in eine Ehe umgewandelt wurde. Dies ist gesetzlich erst seit 2017 möglich.

Hintergrund

Hintergrund ist, dass verheiratete Paare steuerlich vom sog. „Splitting-Tarif“ profitieren können. Paaren in eingetragenen Lebenspartnerschaften war dieser Steuervorteil verwehrt. Durch die Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaften in vollwertige Ehen im Rahmen des Eheöffnungsgesetzes vom 20.07.2017, steht nunmehr auch Paaren, die in gleichgeschlechtlichen Ehen leben, der Splitting-Tarif zu.

Der Sachverhalt

Die Kläger lebten seit dem Jahr 2001 nicht getrennt in eingetragener Lebenspartnerschaft. Nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes wurde die eingetragene Lebenspartnerschaft der Kläger auf ihre entsprechenden Erklärungen hin in eine Ehe umgewandelt.

Die Kläger beantragten im Jahr 2017 die Aufhebung ihrer bisherigen jeweiligen Bescheide seit dem Jahr 2001 und beantragten für die betroffenen Jahre rückwirkend die Zusammenveranlagung, um in den Genuss des Splitting-Tarifs zu kommen.

Das Finanzamt lehnte die Änderung der betroffenen Steuerbescheide ab, da diese bereits bestandskräftig seien. Die Wirkungen der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe seien nämlich auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte beschränkt. Es handele sich bei der Umwandlung insbesondere nicht um ein rückwirkendes Ereignis, dass eine nachträgliche Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide ermögliche.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg

Das Finanzgericht Hamburg gab indes den Klägern Recht. Die Richter stuften die Regelungen des Eheöffnungsgesetzes sehr wohl als rückwirkendes Ereignis ein. Somit könnten auch formell bestandskräftige Steuerbescheide noch geändert werden.

Entscheidung des BFH steht noch aus

Das letzte Wort wird aber der BFH haben. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Entscheidung des BFH steht noch aus.

Handlungsempfehlung

Betroffen sind Paare, die ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen haben. Diese Paare sollten, wenn sie rückwirkend vom Splitting-Tarif profitieren wollen, gegen alle Steuerfestsetzung seit Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft Einspruch einlegen. Bis zur Entscheidung des BFH kann Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Eine Festsetzungsverjährung steht den begehrten Bescheidänderungen derzeit jedenfalls nicht entgegen. Denn bei rückwirkenden Ereignissen beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt, hier also frühestens mit Ablauf des Jahres 2017.